24 Oktober 2005

Uni-Update: Was ich außer feiern sonst noch mache

Geneigte Leserin, interessierter Leser,

ich glaube fast, Du hast ein verzerrtes Bild von meinem Koreaaufenthalt. Ich mache Dir keinen Vorwurf, bin ich's doch selbst schuld! Meine Berichterstattung ist zugegebenermaßen eher freizeitlastig, und daher möchte ich Dir heute ein wenig von meinem Studium berichten. Dabei werde ich, wenn nötig, etwas weiter ausholen und bitte um Nachsicht.

Was bisher geschah...
Falls Du zur engeren Familie gehörst oder Dir die Begriffe Nexus, Emdrup und "14 øl, tak" etwas sagen, dann kannst Du die nächsten paar Zeilen überfliegen. Wenn nicht, so solltest du wissen, dass ich fest eingeschriebener Student an der Copenhagen Business School im dänischen Kopenhagen bin. Ich befinde mich im letzten Jahr meines Studiums mit dem Abschluss "Master of Science in Economics and Business Administration" mit Schwerpunkt "Finance and Strategic Management." Da man mich dort allem Anschein nach mag, wurde mir im Rahmen meines Studiums ein Austauschplatz an Koreas Prestigeuniversität, der Seoul National University, angeboten. Und schwupps, hier bin ich.

Mein akademisches Allerlei
Im Normalfall würde ich hier, ebenso wie in Kopenhagen, vier Kurse belegen und hätte mit diesen auch ausreichend Arbeit. Vor einigen Wochen begab es sich jedoch, dass meine dänische Schule mir mitteilte, dass man mir den Kurs "On Globalization" nicht anrechnen würde. Somit habe ich den Kurs kurzerhand abgewählt, nicht ohne bereits eine Präsentation über Liberalismus und Realismus sowie den Kampf zwischen Kultur und freiem Handel gehalten zu haben.

Exkurs: Ich glaub et hackt!
Bei der Abmeldung erreichte das administrative Chaos an dieser Eliteanstalt einen weiteren Höhepunkt. Kurz zur Vorgeschichte: Zu Beginn des Semesters hatte ich einen Kurs namens "Financial Market Accounting Theory" gewählt. Nach der Deadline zur Kursänderung teilte man mir mit, ich könne den Kurs doch nicht belegen, er sei nur für Doktoranden. Um doch noch einen anderen zu belegen, musste ich extra zu einem Professor Sheen, der wiederum Professor Cheong um Erlaubnis bat, mich zu dessen Kurs zuzulassen, nachdem ich bereits zwei Vorlesungen verpasst hatte.
Doch zurück zu letzter Woche: Als ich meinen vierten Kurs abwählte, machte mich Fräulein Kim darauf aufmerksam, dass ich ja noch immer "Financial Market Accounting Theory" hätte, zumindest auf dem Papier. Und dass ich natürlich von diesem Professor eine Unterschrift bräuchte, um den Kurs abzuwählen. Und manchmal käme es vor, dass diese verweigert würde. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich durfte den Kurs nicht belegen, aber es kann sein, dass ich ihn auch nicht abwählen kann. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Verwaltung hier ist ein riesengroßes Chaos, doch zumindest die Professoren sind meiner Meinung nach erstklassig. Es gab übrigens ein Happy End in der Angelegenheit.

An-nyeong-ha-sae-yo (안녕하세요)
Da ich jetzt nur noch drei Kurse habe, habe ich natürlich mehr Freizeit, muss allerdings den fehlenden Kurs nach meiner Rückkehr in Kopenhagen nachholen.
Damit mir nicht langweilig wird, habe ich vor einigen Wochen einen Koreanischkurs ins Leben gerufen. Dazu habe ich eine Lehrerin gefunden, einen Raum arrangiert und zudem sieben MitausländerInnen zur Teilnahme begeistern können. Bei drei Stunden pro Woche werden wir allerdings kaum über Zahlen und Smalltalk hinauskommen, was aber bereits eine enorme Erleichterung darstellt. So kam es, dass ich unlängst in meinem Stammladen komplett auf Englisch bzw. wildes Gestikulieren verzichten konnte. Die Kassiererin war genauso erstaunt und erfreut wie ich, da wir bisher immer nur in Zeichensprache kommunizieren konnten. Sie sagte mir, was die Milch kostet, und dafür verriet ich ihr, dass ich Student bin.

Nae, hak-seng imnida (네, 학생 입니다)
Mit meinen drei verbleibenden offiziellen Kursen bin ich sehr zufrieden. "Case Studies in Multinational Corporations" wird vom ehemaligen Präsidenten von Daewoo gelehrt, und heute hab ich Klausur. In "Economic and Financial Institutions in China" bin ich der einzige, der nicht Koreanisch und auch nicht Chinesisch spricht, und so entgehen mir manche offenbar witzige Bemerkungen des Professors, aber ansonsten ist der Kurs äußerst interessant. Allerdings wird jede Woche eine Hausaufgabe erwartet, und bald steht eine Hausarbeit an. "Seminar in International Commerce 2," mein dritter Kurs, wird von Prof. Song, ehemals bei der Weltbank, Berater von Infineon und Gatte eines koreanischen TV-Stars, gelehrt. Das akademische Niveau entspricht eher dem zweiten als dem neunten Semester, aber ansonsten kann ich auch hier nicht klagen. Der Arbeitsaufwand hält sich in allen drei Fächern in Grenzen, aber von gar nichts kommt auch nichts.

So, noch wach? HAALLOOO! Tut mir ja leid, dass Du Dich da durchquälen musstest, aber es war einfach an der Zeit, dass Du siehst, dass ich nicht nur trinke, reise und reihenweise Koreanerinnen vernasche. Dafür erzähle ich Dir in der nächsten Folge vom "Seoul World Fireworks Festival" und wie kalt es dort war.

Also, mach's gut und schau mal wieder vorbei!

Peter